Ein kurzer Überblick über unsere Wahlphilosophie

Wie jeder (Physik-, Geophysik-, Meteorologie-)Student bereits seit seiner eigenen O-Phase wissen sollte, wurde den Studierenden 1977 ein Großteil ihres hochschulpolitischen Mitspracherechts aberkannt, als die damalige Landesregierung unter Ministerpräsident Filbinger durch Änderung des Landeshochschulgesetzes die Verfasste Studierendenschaft (VS) abschaffte, um ihnen das politische Sprachrohr zu nehmen. Im Zuge dessen wurde zum Beispiel auch die Fachschaft offiziell auf vier studentische Vertreter im Fakultätsrat reduziert, und sowohl studentischen Hochschulgruppen als auch Fachschaften ist nur noch ein geringes Maß an Selbst- und Mitbestimmung erlaubt.

Um dennoch demokratische Grundstrukturen und eine Möglichkeit zur Mitgestaltung auf studentischer Ebene zu erhalten, wurde das Unabhängige Modell (kurz U-Modell) gegründet. Legitimiert wird das U-Modell durch die jeweils im Wintersemester stattfindenden Wahlen des Studierendenparlaments und der Fachschaftssprecher. Diese werden als "unabhängige Wahlen", kurz U-Wahlen, bezeichnet, da sie trotz des VS-Verbots von den Fachschaften und dem Studierendenparlament durchgeführt werden, unabhängig von den Instruktionen des Landesgesetzes.

Jeden Sommer finden außerdem universitätsweit die Wahlen für die studentischen Vertreter im Fakultätsrat sowie im KIT-Senat statt. Diese werden aus Sicht des U-Modells daher "abhängige Wahlen" oder kurz A-Wahlen genannt und sind der Hochschulpolitik des Gesetzgebers dienlich. Sie unterstützen somit den undemokratischen Aufbau der politischen Hochschulstrukturen.

Da diese Wahlen von offizieller Seite vorgeschrieben sind, zieht die Fakultät mit und hängt daher die zugehörigen Wahlbenachrichtigungen (grüne und gelbe Plakate) im ganzen Hochhaus auf. Doch nur weil die A-Wahlen im Gesetz vorgeschrieben sind, sind sie KEIN legitimes Organ studentischer Demokratie (auch wenn dieser Eindruck erweckt werden soll). Die studentischen Vertreter in Fakultätsrat und Senat haben immer noch sehr wenig Einflußmöglichkeiten und bilden (trotz der verhältnismäßig viel höheren Zahl Studenten) eine Minderheit.
Die Situation in Zahlen:

  • Senat: [11 Dekane, 8 Professoren, 4 Studenten, 4 Mittelbau, 4 Verwaltung/Technik, 5 Rektorat, 1 Frauenbeauftragter]
    d.h. 4 Studenten von 36 Mitglieder

    im KIT-Senat sind 4 von 56 vorgesehen

  • FakRat: [2 Vertreter des Dekanats, 1 Geschäftsleiter, 5 Institutsleiter, 4 gewählte Professoren, 1 Verwaltung/Technik, 3 Mittelbau, 4 Studenten]
    d.h. 4 von 20

    (Im Landeshochschulgesetz ist nämlich vorgeschrieben, dass die Professoren mindestens einen Anteil von 50% + 1 Stimme haben müssen)

Wir bitten euch daher, bei den im Sommersemester stattfindenden A-Wahlen NICHT WÄHLEN zu gehen!

Eine hohe Wahlbeteiligung an den A-Wahlen würde nämlich bedeuten, dass die Studierenden über ebendiese Problematik nicht aufgeklärt sind. Durch eine geringe Wahlbeteiligung, genau wie durch eine hohe Wahlbeteiligung an den U-Wahlen, setzt ihr hingegen das Signal an die Landesregierung, wie auch an das Rektorat und die Fakultät, dass ihr mit der aktuellen Stellung der Studierenden im politischen Gerüst der Hochschule nicht zufrieden seid. Der Anteil an Studenten in diesen Gremien sollte nach Meinung eurer Fachschaft deutlich erhöht und so den Verhältnissen an der Universität angepasst werden. Als fakultäts- bzw. hochschulweit größter Kreis der Betroffenen sollte den Studenten mehr Mitsprache ermöglicht werden.

Ein Boykott der abhängigen Wahlen entspricht direkt dem Wunsch nach der Wiedereinführung der Verfassten Studierendenschaft und dem Wunsch nach mehr Mitbestimmung auf Hochschulebene!

Fazit

  • Die U-Wahlen sind die einzigen Wahlen, die die Demokratie des unabhängigen Modells und eine Möglichkeit für das Engagement aller Studierenden (nicht nur sehr weniger) unterstützen.
  • Die A-Wahlen sind maximal scheindemokratisch.
  • Das Rektorat will aufgrund des Landeshochschulgesetztes die U-Wahlen durch die A-Wahlen untergraben.

Deswegen: Geht bitte nicht wählen!